Da eigentlich alle Produkte und Dienstleistungen im B-to-B und im B-to-C für E-Commerce geeignet sind, beschäftigt sich fast jede Branche mit diesem Thema. Dabei gewinnt das Geschäftsfeld wegen der enormen Zuwächse, die im Onlinehandel stattfinden, immer noch an Bedeutung. Der Erfolg stellt sich jedoch nicht von selbst ein, zumal es viele Fallstricke gibt. Die Erwartungshaltung der Kunden ist durch das „Sofort-überall-verfügbar-Prinzip“ geprägt, das von „Playern“ wie Amazon als Standard verankert wurde. Die Möglichkeit, jederzeit im Internet transparent zwischen diversen Anbietern wählen zu können, zwingt dazu, Standards zu erfüllen, da negative Bewertungen in Portalen und in den sozialen Medien zu „Lost Sales“ und schlechtem Leumund als Anbieter führen. Die alte Weisheit, dass es lange braucht, um vertrauensvolle Geschäftsbeziehungen aufzubauen, die jedoch durch was auch immer rasch nachhaltig beschädigt werden können, gilt im E-Commerce ganz besonders. Betreiber haben außerdem damit zu tun, sämtliche Prozesse, die Bestellungen in ihrer Warenwirtschaft und in ihrem „Delivery Management“ auslösen, zu beherrschen. Die Optimierung der „Supply Chain“ bezieht sich auf viele Punkte, wobei ein ganzheitlicher Ansatz von der Beschaffung bis zur Auslieferung geboten ist, um im B-to-B und im B-to-C zu bestehen. Dazu gehört vor allem ein smartes, effizientes Retourenmanagement, das auch die Risikoklasse reflektiert, eingebettet in professionelle „Customer-Service“-Strukturen.
In diesem Sinne sind einige Schnittstellen zu beachten, die sich auf das originäre ERP-System beziehen und vom Lieferanten, über Dienstleister für Web-Support und Logistik bis zum Kunden reichen. Darüber hinaus sind Portale, digitale Marktplätze und Zahlungsdienstleister mit differenzierten Kanälen und Konditionen einzubinden. Dies alles verlangt sehr viel Know-how. Hinzu kommt ein effizientes Forderungsmanagement, das speziell im B-to-C unverzichtbar ist, um im Netz finanziell erfolgreich zu sein. Bei den Retouren wird oft der Aufwand unterschätzt, eine hundertprozentige Wareneingangsprüfung vorzunehmen, die Vorgänge zu verbuchen, sie neu zu verpacken, ihren Eingang in den Bestand zu buchen und die Ware zurück zu schleusen. Gerade in der Textilbranche, die chronisch mit Retouren kämpft, entscheidet dieser Prozess über Erfolg und Misserfolg. Des Weiteren zählt zum Einmaleins im E-Commerce, den Lieferstatus sowie den Bezahlvorgang per Rechnung, Nachname, Kreditkarte oder als Sofortüberweisung für Endkunden jederzeit transparent nachvollziehbar darzustellen. Besonderes Augenmerk erfordert auch die Intralogistik, die hinsichtlich der Konfektionierung und der Fakturierung entweder sehr aufwendig manuell oder weitergehend automatisiert erfolgen kann, was im Übrigen die Schnittstellen zu den ausliefernden Firmen betrifft, so dass es auch um die Vernetzung geht. Leistungsfähige IT-Systeme, die eine schnelle, flexible Anbindung gewährleisten, um relevante Daten zusammenzuführen, sind genauso wichtig wie schlanke Prozesse, die exakt auf das Business abgestimmt sind. Bei alledem hat der Kunde mit seinen Bedürfnissen im Fokus zu stehen. Daher ist die Verzahnung der Lieferkette unter Einbindung des Retourenmanagements von großer Bedeutung. Um den Versand, die Rückführung und die Reintegration von Retouren effizient abzuwickeln, sollten die Lager- und die Kommissionerlösungen flexibel skalierbar sein, weil dies für eine höhere Warenverfügbarkeit sorgt und mit Logistikkonzepten einhergeht, die gegebenenfalls bereits robotergestützt sind, um im Massengeschäft Effizienzsprünge zu erzielen. Des Weiteren ist die Wahl der richtigen Logistikprofis von Bedeutung, die Aufgaben für kleine „Web-Shops“ oder aber einen Full-Service für Versandhandelsriesen übernehmen.
Die wichtigsten Stichworte im Kontext der Konfektionierung, der Belieferung und der Fakturierung heißen „Same-day-Delivery“, also Auslieferung am Tag der Bestellung, „Dropshipment“ (Direkthandel), wenn Anbieter bestellte Ware vom Hersteller ausliefern lassen, „Click & Collect“, die Abholung von Online-Bestellungen in Einzelhandelsgeschäften, „Click & Reserve“ („Check & Reserve“, „Reserve & Collect“), wenn der Test, der Kauf und die Bezahlung der Ware in Geschäften erfolgen, und „Order-in-Store“, eine Vorbestellung, die online erfolgt, um die konfektionierte Ware dann stationär abzuholen. Solche zunehmenden Serviceangebote und die markante Differenzierung zu potenziellen Wettbewerbern stellen die Logistik vor komplexe Herausforderungen, die sich auf die Prozesstransparenz und auf die Vorhersagegenauigkeit beziehen, wo sich Ware gerade befindet und wann sie eintrifft, um die Wartezeiten der Kunden zu verkürzen. Im Hinblick auf die Optimierung der Lieferzeit geht es darum, bei welchen Waren (Konsumartikel, Ersatzteile) „Overnights“, also Lieferungen in 24 Stunden, heute üblich sind. Die Kunden erwarten nicht nur im Ersatzteilgeschäft, sondern auch bei der Zustellung von Medikamenten und anderer bedarfskritischer Güter immer kürzere Lieferzeiten, so dass die „Same-Day-Delivery“ inzwischen zum Standardrepertoire zählt. Wer als Anbieter keine ständige Verfügbarkeit bei zeitnaher Versorgung garantiert, läuft damit Gefahr, dass der aktuelle Kauf mit dem Kunden verloren geht. Beide Kriterien sind für das erwartete Kauferlebnis überaus relevant. Eine professionelle Vernetzung, die direkten Zugriff auf Daten und Informationen erlaubt, ist die Voraussetzung für Flexibilität und Agilität in Unternehmen und ein absoluter Erfolgsfaktor im E-Commerce. Die zeitgemäße digitale Planung und Steuerung erlauben es, Waren tagesaktuell zu begutachten, sie zu vereinnahmen und aufzubereiten, sie in den Warenkreislauf zurückzuführen und Reklamationen ganzheitlich zu bearbeiten. Diese Kompetenzen sind wesentlich. Große Anbieter haben im Hinblick auf ihre Absatz- und Beschaffungsmärkte zu entscheiden, wo sie in Europa Zentrallager und Konsignationslager errichten. Die kostengünstigsten Konstellationen werden in einer integrierten Strategie unter Gesamtbetrachtung der Lieferketten einschließlich des Retouren-Handlings, von Auftragsstornierungen, mehrteiligen Bestellungen und aus der Empfängersicht ermittelt. Zu den Vorkehrungen gehört, optimale Verpackungen für Rücksendungen einzusetzen und Maßnahmen zu verfolgen, die dazu beitragen, die Retourenquote zu senken. Retourenmanagement ist in der Wertschöpfung als Teil des Bestandsmanagements von absoluter Bedeutung, da ein schlechter Retourenkreislauf und eine zu teuer durchgeführte Zweitauslieferung retournierter Produkte viel Geld kosten können.
Rolle der Künstlichen Intelligenz
Da die Entwicklungen im E-Commerce weitergehen, wird auch das Thema der kontinuierlichen Veränderung getrieben. Der Markt intelligenter Software wächst rasant und trägt zur Beschleunigung der globalen Lieferketten bei. Da sich die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Systemlandschaften integrieren lässt, wird es möglich, Entscheidungen in Echtzeit zu treffen, so dass die optimale Verteilung jedes einzelnen Artikels in der „Supply Chain“ gewährleistet wird. Leistungsfähige Algorithmen stimmen die Nachfrage präzise mit dem Angebot ab, was auch neue Geschäftsmodelle möglich macht. Immer noch manuell agierende Unternehmen werden unter diesen Vorzeichen kaum noch lange am Markt bestehen. Dabei geht es immer nur darum, Kunden perfekte Services zu bieten. Effiziente Prozesse, die in der „Cloud“ orchestriert werden, sichern so die Profitabilität und den Erfolg.
Thomas Schmölzer, Partner, und Alexander Schell, Senior Consultant, Kerkhoff Consulting GmbH, Düsseldorf
Unternehmermagazin 5/6 2019
zurück zu anderen Inhalten:
Impressum und Datenschutz Copyright © Alle Rechte vorbehalten