02.09.2019

„Das Wir-Gefühl entscheidet“

„Das Wir-Gefühl entscheidet“

Eine Lernfabrik macht Unternehmen fit für die digitale Zukunft

Viele Unternehmen in Deutschland leiden unter komplexen und zeitraubenden Prozessen, obwohl digitale Lösungen die Abläufe entscheidend verbessern könnten. Doch welcher Wege führt in das digitale Schlaraffenland? Zum Beispiel eine Lernfabrik. Das meint zumindest Daniel Karte, Geschäftsführer der Kerkhoff Lernfabrik GmbH. Wir haben mit ihm gesprochen.

Herr Karte, die erste Frage liegt auf der Hand: Was ist eine Lernfabrik?

Unsere Lernfabrik ist ein didaktisches Instrument. Es veranschaulicht die gesamte Wertschöpfungskette im Unternehmen, um notwendige Veränderungsprozesse in Material- und Informationsflüssen bereichsübergreifend zu erarbeiten. Die Umsetzung wird durch die Involvierung der Mitarbeiter gewährleistet. Wir bieten also ein Modell zur Abbildung der Geschäftsprozesse und können quasi im geschützten Raum mögliche Veränderungen testen. Die Lernfabrik ist ein Treiber für einen erfolgreichen Change-Prozess im Unternehmen.

Die Lernfabrik nimmt die Menschen im Betrieb mit und demonstriert durch zahlreiche Simulationen den unmittelbaren Einfluss der Mitarbeiter auf die Prozesse. Das schafft Akzeptanz bei den Mitarbeitern — und insbesondere Vertrauen. Die Beschäftigten erarbeiten sich ihre Transparenz quasi selbst und werden Teil des gemeinsamen Erfolges durch positive Veränderung. Weiterhin wird das in vielen Unternehmen verbreitete und schädliche Silo- oder Abteilungsdenken aufgebrochen, das gegenseitige Verständnis wird gefördert, das für nachhaltigen Erfolg elementare „Wir-Gefühl“ wird gestärkt. Im Ergebnis werden die Prozesse schlicht einfacher und effizienter.

Es geht also um Prozessoptimierung im Zeitalter der Digitalisierung, richtig? Am Ende soll der Kunde effizienter arbeiten und bessere Ergebnisse erzielen. Diese Art der Beratung bieten auf den ersten Blick viele Unternehmensberatungen. Was macht die Lernfabrik besonders?

Es ist richtig, der Transfer von analog zu digital ist die Basis unserer Arbeit. Die Lernfabrik geht hier in der Tat nicht so vor wie eine klassische Unternehmensberatung. Sie stellt wie gesagt eine didaktische Herangehensweise dar — gemeinsam mit unseren Kunden und deren Mitarbeitern erarbeiten wir spielerisch die passenden Lösungen. Es geht also im Kern um Trainingsleistungen im Management von Prozess, Produkt, Organisation und digitalem Wandel, in allen Industrien und Branchen. Unsere Schulungskonzepte fallen dort auf fruchtbaren Boden, wo man bereit ist, die eigene Organisation sowie Prozess- und Systemlandschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verbessern.

Wir bilden unternehmenseigene Prozesse ab, wir simulieren komplexe Systeme. Wir veranschaulichen das, was ist — und jenes was sein kann. Wir leiten zur Selbsthilfe an und machen uns entbehrlich. Wir machen die Betroffenen zu Beteiligten und geben ihnen die Werkzeuge an die Hand, mit welche sie ihre Situation verbessern können. Wir übergeben nicht einfach eine Powerpoint-Präsentation, sondern bieten ein Produkt zum Anfassen und Durchspielen.

Welchen Beitrag leistet die Lernfabrik zu Digitalisierungsprozessen? Wie gehen Unternehmen in Deutschland Ihrer Erfahrung nach mit den digitalen Möglichkeiten bisher um? Grassiert auch auf diesem Feld die berühmte und manchmal hinderliche „German Angst“?

Digitalisierung braucht Kulturwandel und damit tun sich viele deutsche Unternehmen immer noch schwer. Neue Technologien wälzen die Geschäftsmodelle und -prozesse in vielen Branchen um. Zudem verändert die Digitalisierung nicht nur das Geschäft, sondern auch die Arbeitswelt und die Jobs. Hierfür müssen die Unternehmen umdenken und neu gestalten. Die Lernfabrik schafft eine wichtige Basis, um Change-Prozesse in den Unternehmen anzustoßen und umzusetzen. Sie verbindet außerdem die verschiedenen Mitarbeiter-Typen im Unternehmen, fördert das gegenseitige Verständnis und den Team-Gedanken. Sie wissen ja, nicht jeder Arbeitnehmer bringt jene Geschwindigkeit und Veränderungsbereitschaft mit, welche die Digitalisierung einfordert. Wir nehmen auch diejenigen mit, die noch nicht so weit sind.

Stichwort „kontinuierliche Verbesserung“: Dies ist eines Ihrer Werbeargumente. Was hat es damit auf sich?

Unter „kontinuierlicher Verbesserung“ wird die stetige Verbesserung der Produkt-, Prozess- und Servicequalität verstanden. Unsere Lernfabrik stellt für diesen Prozess den Grundbaustein dar. Der Kunde erhält eine speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Lernfabrik zum Anfassen und Durchspielen der eigenen Prozesse. Diese Möglichkeit besteht auch, nachdem die Berater das Haus verlassen haben, denn die Lernfabrik verbleibt im Besitz des Kunden und steht jederzeit für weitere Schulungen zur Verfügung. Somit ist der Einsatz der Lernfabrik kein zeitlich begrenztes Projekt, sondern vielmehr ein kontinuierliches Projekt, ohne bestimmte Zeitdauer.

Sie setzen sehr auf Simulationen – die Kunden sollen erkennen können, welche praktischen Auswirkungen welche Maßnahmen haben. Wie läuft das konkret ab und wie reagieren die Kunden?

Zunächst nimmt unser Team die „Ist-Situation“ im Betrieb auf, das ist die Basis. Die individuelle Lernfabrik wird in der Folge genau in Bezug auf die Bedürfnisse und Ziele des Unternehmens aufgebaut. Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Diese Fragen sind entscheidend. Dann gehen wir in medias res und spielen mit dem Kunden und seinen Beschäftigten zunächst die aktuelle Situation durch. Anschließend folgt das, was wir eine Optimierungsrunde nennen. Hier werden die besten Wege zum Ziel, also zur „Soll-Situation“ diskutiert und sämtliche Maßnahmen festgehalten. Diese Soll-Situation wird schließlich simuliert, um dem Team aufzuzeigen, wie das konkrete Ergebnis der Planungen in der Realität aussehen würde. Diese Optimierung zum Anfassen wird schnell verstanden und die Angst vor konkreten Veränderungen sinkt signifikant.

Wie lange begleiten Sie üblicherweise Ihre Kunden? Man sagt den Unternehmensberatungen ja gerne nach, dass sie möglichst viele Tage verkaufen wollen, ob es dem Kunden nun hilft oder nicht.

Das ist genauso unterschiedlich wie auch die Ausgestaltung der individuellen Lernfabriken ist. Es hängt natürlich stark von der Ausgangssituation und den Zielen des Kunden ab. Das Vorgehen von unserer Seite aus folgt indes stets denselben Regeln: Wir analysieren die Ist-Situation, entwickeln und bauen die kundenindividuellen Lernfabrik und führen Workshops durch. In vielen Fällen möchte der Kunde noch weitere Module wie beispielsweise Support, Training und die Entwicklung neuer Fokusthemen. Wir begleiten den Kunden je nach Bedarf in der Regel zwischen drei und fünf Jahren.

Welcher Erfolgsfaktor ist Ihrer Auffassung nach der wichtigste auf diesem Weg?

Entscheidend ist das „Wir-Gefühl“. Mit diesem Teamgeist kann sehr viel bewegt werden, ohne ihn wird es mühsam. Im Kern geht es immer um den Menschen — auch und gerade im Unternehmensumfeld. Hier sagen wir: Weiterbildung ist ein hohes Gut, die Mitarbeiter erhalten eine wichtige fachliche Bereicherung zum Nutzen des gesamten Unternehmens — Wissen wird zu Wert.

Herr Karte, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

Autor: Markus Matt

Chefredakteur LOHN-GEHALT

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